Mit dem krachenden Feuerwerk im Hintergrund funkte Max Verstappen schon eine ganz große Liebeserklärung an die Box, der schwer unter Druck geratene Teamchef bekam einen Kuss seiner Ehefrau. «Einfach wundervoll», schwärmte Verstappen. Recht ausgeruht nach seinem nie gefährdeten Start-Ziel-Sieg legte der 26 Jahre alte Niederländer nach seinem Triumph beim Großen Preis von Bahrain noch nach: «Unglaublich. Es ist noch besser als erwartet. Ein echter Genuss.»
Für die Konkurrenz in dieser Formel-1-Saison hätte es aber nicht deprimierender beginnen können. Völlig unbeeindruckt von den Negativschlagzeilen um ihren Red-Bull-Teamchef Christian Horner und den pikanten E-Mails rasten Verstappen und sein Stallrivale Sergio Pérez zum 29. Doppelerfolg des Rennstalls. «Brillanter Start», sagte Horner, ehe ihm Ehefrau Geri Halliwell einen Kuss gab und beide glückselig zur Siegerehrung hochschauten.
Mit einer Machtdemonstration gleich zum Auftakt demütigte Verstappen sämtliche Rivalen. 97 Tage nach dem Finale 2023 in Abu Dhabi und seinem Sieg mit knapp 18 Sekunden Vorsprung waren es beim Flutlicht-Langeweiler in Sakhir satte 22,457 Sekunden vor Pérez. Eine Formel-1-Welt. Seine 33. Pole verwandelte Verstappen zum 55. Sieg – und den Punkt für die schnellste Rennrunde sackte er auch noch ein. Mehr geht nicht.
«Es ist etwas Besonderes, einen dieser Tage zu haben, an denen sich alles perfekt anfühlt und du eins mit dem Auto bist», sagte Verstappen. Und das im ersten Rennen der Saison, in dem für gewöhnlich immer noch mit Problemen mit den neuen Wagen zu kämpfen ist. Bei Red Bull, wo noch keine Ruhe auch nach der abgewiesenen Beschwerde einer Mitarbeiterin gegen Horner wegen angeblich unangemessenen Verhaltens herrschen dürfte, formulierte Motorsportberater Helmut Marko aber schon mal das erste sportliche Fazit: «Die Basis von unserem Auto ist sehr, sehr gut.»
Davon können die anderen nur träumen. Dritter wurde Noch-Ferrari-Pilot Carlos Sainz vor Charles Leclerc im zweiten Wagen der Scuderia. «Es war ein Alptraum», sagte der Monegasse über die Probleme mit seinem Auto. Und auch Sainz‘ designierter Nachfolger, Rekordweltmeister Lewis Hamilton, dürfte sich vom neuen Mercedes in seiner emotionalen Abschiedssaison mehr erhofft haben.
Nur Platz sieben für den nun seit zwei Jahren und über drei Monaten sieglosen siebenmaligen Champion. «Gar nicht gut. Wir haben uns beim Cooling Level verschätzt», sagte Teamchef Toto Wolff. Hamiltons Kollege George Russell, von Platz drei gestartet, schaffte es auch nicht aufs Podest, er wurde nur Fünfter.
Verstappen war es, der ein Rennen nahe der Perfektion ablieferte. Es wirkte wie ein Déjà-vu der vergangenen Saison, in der er 19 von 22 Rennen gewann. Der dreimalige Champion kam beim Start schnell weg, verteidigte die Pole bei der allerdings auch nur zaghaften Leclerc-Attacke von außen in der ersten Kurve. Nach den ersten gut zehn Kilometern der längsten Saison in der Geschichte der Motorsport-Königsklasse mit 24 Grand Prix bis zum 8. Dezember führte Verstappen schon mit anderthalb Sekunden.
Und so baute er den Vorsprung Runde um Runde, Sekunde um Sekunde aus. Keine Spur mehr von den Problemen mit dem Wagen vom Donnerstag beim Training. Und der Wirbel um seinen Teamchef belaste ihn nicht, hatte er in den schlagzeilenträchtigen Tagen in der Wüste von Sakhir zuvor ohnehin schon betont.
Horner selbst konnte auch erstmal durchatmen. Er war es, der in Bahrain im Mittelpunkt gestanden hatte. Nicht mal 24 Stunden nachdem der Mutterkonzern erklärt hatte, dass die Beschwerde der Mitarbeiterin abgewiesen worden sei, hatten zwei E-Mails mit anonymen Absendern unter anderem Horners Amtskollegen erreicht – die E-Mails beinhalteten einen Link zu Dateien in der pikanten Angelegenheit.
«Es war nicht angenehm, wir haben uns aufs Sportliche konzentriert und das ist Gott sei Dank optimalst aufgegangen», sagte Motorsportberater Marko. Alles hätte im Rennen geklappt, «wir gehen davon aus, dass unsere Stärke und unser Zusammenhalt erhalten bleibt», betonte der 80 Jahre alte Österreicher. Zwischen ihm und Horner soll es schon länger einen Machtkampf geben, Verstappen und dessen Vater Jos gelten als Vertraute Markos.
Wie es sportlich in dieser Saison weitergehen könnte, zeigte das erste Rennen: Eine weitere Titelsaison von Verstappen, er würde mit dem vierten in Serie zu Sebastian Vettel und Alain Prost aufschließen. Vor ihm wären nur noch die siebenmaligen Weltmeister Hamilton und Michael Schumacher sowie der fünfmalige Titelträger Juan Manuel Fangio.
Wie es mit Horner weitergeht, ist noch offen. «Es schadet dem Sport. Es schadet auf einer menschlichen Ebene», betonte Automobil-Weltverbandschef Mohammed Ben Sulayem in der «Financial Times» am Samstag. Eine eigene Untersuchung soll es mangels Beschwerde an die Fia nicht geben. Eine Reaktion der kommerziellen Besitzer der Formel 1 steht noch aus. Für Klarheit sorgte erstmal nur Verstappen.
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