3. Dezember 2024

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Formel 1 als Seifenoper: Kein Ende im Red-Bull-Drama

In der quälenden Affäre um unangemessenes Verhalten fordert Red-Bull-Teamchef Christian Horner einen Schlussstrich. Doch die Spitzen der Formel 1 drängen auf mehr Einblicke in die Vorgänge.

Schwer genervt vom Verhör der Formel-1-Medien flehte Christian Horner um Mitgefühl für seine Familie. Es sei genug mit den Fragen, den Anschuldigungen, den Datenlecks im Skandal um das angeblich übergriffige Verhalten des Red-Bull-Teamchefs gegenüber einer Mitarbeiterin, forderte der Brite wieder und wieder.

«Es ist eine belastende Zeit. Wenn Kinder hineingezogen werden, Familien, Eltern, wenn deine Ehe durchleuchtet wird, dann ist das nicht schön», sagte Horner vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien.

Auch vor dem zweiten Saisonrennen am Samstag (18.00 Uhr/Sky) ist nicht der Sport das größte Gesprächsthema im Fahrerlager von Dschidda, sondern die seit Wochen brodelnde Affäre um den 50-Jährigen. «Das ist die faustische Kehrseite, wenn sich Sport wie eine Seifenoper inszeniert», kommentierte der britische «Guardian» die Szenerie.

Horner fordert Schlussstrich

Bereitwillig hatte Horner inmitten der Titelserie von Red Bull und Triple-Weltmeister Max Verstappen auch sein Privatleben an der Seite des früheren Spice Girls Geri Halliwell für die Kameras geöffnet. Nun bekommt er die Tür nicht mehr zu. 

Und weil Red Bull und Verstappen mit ihrer Dominanz den sportlichen Wettbewerb schon seit einer Weile erdrücken, stürzt sich das Publikum umso interessierter auf das Drama abseits des Asphalts. «Wir müssen einen Schlussstrich ziehen. Es ist Zeit, sich darauf zu konzentrieren, wofür wir hier sind, nämlich Formel-1-Rennen», mahnte Horner. Doch auch danach drehten sich alle Fragen aus der Medienschar um die Aufarbeitung des Skandals.

Dass mehrere Medien erfahren haben wollen, die Mitarbeiterin, deren Vorwürfe die Sache ins Rollen gebracht hatten, sei in dieser Woche bei voller Bezahlung freigestellt worden, ließen Horner und Red Bull unbestätigt. Es handle sich um «eine vertrauliche Angelegenheit zwischen der Beschwerdeführerin und dem Unternehmen», sagte Horner. Ähnlich hatte sich zuvor der Mutterkonzern geäußert. 

Formel-1-Spitzen wollen mehr Einblick in Vorgänge bei Red Bull

Auch der Frage, inwiefern die Affäre das Bemühen der männlich dominierten Formel 1 beschädigen könnte, ein positives Umfeld für Frauen zu schaffen, wich Horner wortreich aus. Es sei eine komplizierte Angelegenheit, in solchen Verfahren müsse jede Firma Vertraulichkeit wahren, erklärte der Red-Bull-Rennleiter. 

Fehlende Transparenz war bereits von anderen Teamchefs bemängelt worden, nachdem anonyme Mails mit pikanten Details an Offizielle und Journalisten versendet worden waren. Auch die Formel-1-Spitze und der Weltverband Fia sollen die Ergebnisse der internen Untersuchung des Red-Bull-Konzerns angefordert haben, die Horner von den Vorwürfen freigesprochen hatte. Dass nicht einmal der Name des unabhängigen Anwalts genannt wurde, der in der Sache ermittelt hatte, nährte bei Beobachtern das Misstrauen.  

Es habe sich um einen der namhaftesten britischen Kronanwälte gehandelte, versicherte Horner. «Er hat sich Zeit genommen, alle Beteiligten vernommen, alle Fakten angeschaut und die Beschwerde abgewiesen. Wir müssen jetzt nach vorn schauen», sagte Horner.  

Horner widersteht Rücktrittsforderungen 

Das sehen andere anders. «Er könnte es ja lösen, er könnte ja zurücktreten. Er macht sich einen schlanken Fuß, eine Entschuldigung habe ich auch nicht gehört», sagte TV-Experte Ralf Schumacher bei Sky. 

Noch unangenehmer aber waren für Horner die Attacken von Max Verstappens Vater Jos, der einen Bruch des Rennstalls fürchtet und den Abgang des Teamchefs forderte. Es habe klärende Gespräche nach dem Auftaktsieg in Bahrain gegeben, ließ Horner schmallippig wissen. «Es ist in unser aller Interesse, dass wir uns auf die Zukunft konzentrieren», fügte er hinzu. Ohne Einigkeit und Harmonie sei eine Erfolgsserie, wie sie derzeit Red Bull erlebt, gar nicht möglich, betonte der frühere Rennfahrer. 

Machtkämpfe die «unschöne Seite» der Formel 1

Gestützt wird Horner bei Red Bull dem Vernehmen nach vor allem von den thailändischen Mehrheitseigentümern um Milliardär Chalerm Yoovidhya. Der Geschäftsmann zeigte sich zuletzt in Bahrain demonstrativ an der Seite des Teamchefs und soll eine enge Beziehung zum Briten pflegen. 

Die Seite der Erben des gestorbenen Red-Bull-Mitgründers Dietrich Mateschitz soll Horner intern deutlich kritischer gegenüberstehen. Der Deutsche Oliver Mintzlaff, einer der drei Red-Bull-Geschäftsführer, hat seinen Besuch für den Grand Prix in Saudi-Arabien angekündigt. 

Machtkämpfe sind im Milliardengeschäft Formel 1 keine Unbekannte. «Andere haben versucht, ihren Vorteil aus dem Geschehen zu ziehen. Das ist die unschöne Seite unsere Industrie», sagte Horner nun, ohne diejenigen zu benennen, die er der Intrige verdächtigt. Und so bleibt im ganzen Schauspiel um den Branchenführer und seinen Teamchef weiter viel Raum für Gerüchte und Spekulationen.

Christian Hollmann, dpa