19. April 2024

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Vettels emotionaler Japan-Abschied: «Seb, wir lieben dich!»

Bei Sebastian Vettel kommt Wehmut auf. In Suzuka wird dem Ex-Weltmeister bewusst, wie nah sein Karriereende in der Formel 1 ist. Eine einmalige Rückkehr aus der Rennfahrer-Rente ist eine Option.

Sebastian Vettel musste grinsen, als er sein Double erblickte. Ein japanischer Fan hatte sich Helm und Rennanzug ganz im Stile des Aston-Martin-Teams selbst gebastelt und stand in Suzuka aufgelöst vor dem viermaligen Formel-1-Weltmeister, bis dieser ihm ein Autogramm gab.

«Seb, wir lieben dich!», riefen die höflichen Asiaten dem 35-Jährigen immer wieder zu. «Sie sind wahrscheinlich so traurig wie ich, dass es mein letztes Rennen hier ist. Aber zum Glück haben wir dieses Wochenende», sagte Vettel.

Der Heppenheimer und Suzuka – das ist eine ganz besondere Beziehung. So besonders, dass Vettel nach seinem Rücktritt Ende November sogar über eine Rückkehr hinters Steuer nachdenken würde. «Wenn jemand einen Fahrer für ein Rennen unter Vertrag nehmen will… Die Jungs wären sicher nicht froh, wenn sie Platz machen müssten, aber das würde ich ernsthaft erwägen», sagte Vettel am Donnerstag auf seiner Lieblingsstrecke und ergänzte noch: «Vielleicht fühlt sich einer der Jungs hier in der Zukunft mal ein bisschen krank, dann würde es mir nichts ausmachen, für ein Rennen zurück ins Auto zu springen.»

Vettel: «Habe Strecke in Suzuka immer geliebt»

Immerhin bleibt dem 53-maligen Grand-Prix-Sieger noch der WM-Lauf am Sonntag (7.00 Uhr/Sky). 2011 wurde Vettel in Suzuka Weltmeister, gewann auf dem schnellen Kurs, der zu Testzwecken für Honda erbaut wurde und von oben dank einer Brücke aussieht wie eine acht, insgesamt viermal. Bei der letzten Austragung 2019 vor der zweijährigen Corona-Zwangspause raste er im Ferrari auf die Pole Position. «Ich habe die Strecke immer geliebt, sie sticht heraus», sagte Vettel. Und weiter: «Die Atmosphäre und die Aufmerksamkeit, die der Sport hier bekommt, sind verrückt.»

Und so standen am Donnerstag schon dutzende Fans vor dem Haupteingang. In bunten Kostümen, mit großen Schildern und Geschenken für die Fahrer. Vettel bekam unter anderem ein kleines Pferd überreicht, Fernando Alonso einen Fächer und Mick Schumacher ein Kartenspiel – mit seinem Gesicht auf dem Ass. «Das fand ich ziemlich nett», sagte Schumacher, der im Gegensatz zu Vettel das erste Mal in Suzuka fahren wird: «Die Fans hier sind voll dabei. Es ist eine große Freude, hier zu sein.» Das fand auch Vettel: «Sie kommen mit sehr durchdachten Geschenken, nett geschriebenen Briefen und Nachrichten.»

Fünf Rennen bleiben Vettel in der Formel 1 noch, bevor nach mehr als 15 Jahren Schluss ist. Am vergangenen Sonntag holte er in Singapur in seinem Aston Martin als Achter wieder vier WM-Punkte, so könnte es in Japan gerne weitergehen. Es soll viel regnen in den kommenden Tagen in der Präfektur Mie in der Nähe der Pazifikküste, das erschwert die Bedingungen und ist für Vettel von Vorteil. Er kennt die Strecke bestens. Im Gegensatz zu anderen wie Kumpel Schumacher, der in seinem zweiten Formel-1-Jahr vor seiner Japan-Premiere steht.

Der 23-Jährige muss weiter Argumente für eine Vertragsverlängerung liefern. «Ich weiß es nicht», antwortete Teamchef Günther Steiner im Fahrerlager auf die Frage, wann der US-Rennstall Haas den Namen seines zweiten Piloten für 2023 verkünden wird. Bis zum Saisonfinale in Abu Dhabi am 20. November hoffe er, eine Antwort geben zu können. Mit einer schnellen Entscheidung sei weiterhin nicht zu rechnen, war jedoch herauszuhören.

Besondere Beziehung zwischen Vettel und Japan

Die japanischen Fans zeigten aber auch ein Herz für Schumacher, immerhin ist Vater Michael mit sechs Erfolgen und acht Pole Positionen bis heute der erfolgreichste Fahrer in dem Motorsport-verrückten Land. Mehrere deutsche Fahnen wurden auf der Zielgeraden aufgehängt, «Danke, Seb» war darauf beispielsweise zu lesen. Auch ein einheimischer Journalist versicherte Vettel in der Pressekonferenz, wie sehr die Japaner ihn lieben würden. Vielleicht auch, weil er mit einem beliebten Stirnband in den Nationalfarben durch das Fahrerlager lief. «Ichiban» war darauf zu lesen: «Nummer eins». Auch das war ein Geschenk.

Nur zu gerne hätten die Japaner den Deutschen längerfristig auf den Rennstrecken ihres Landes. Deswegen wurde Vettel auch prompt gefragt, ob er sich in der Formel-1-Rente künftig den Einstieg als Fahrer in einer japanischen Motorsport-Serie vorstellen könnte. «Im Moment habe ich keine Pläne. Aber es gibt in Japan spannende Rennen», sagte der Hesse freundlich und ergänzte noch: «Wer weiß, was die Zukunft bringt. Natürlich liebe ich das Fahren und auf dieser Strecke habe ich mich immer besonders lebendig gefühlt. Wir werden sehen, welche Art von Auto in der Zukunft mal ein Thema wird.»

Thomas Wolfer, dpa